Vater und Kind beim Schlafen

Verhindert die Einbeziehung von Vätern Männerdepressionen?

Nicht nur Frauen, auch viele Männer erleben nach der Geburt eines Kindes depressive Momente, auch wenn die Motive teilweise andere sind als bei Frauen. Doch das Einbinden von Vätern in die Elternrolle reduziert möglicherweise das Risiko einer Männerdepression. Das hat eine aktuelle Studie herausgefunden. Allerdings räumt das Forschungsteam ein, dass der Zusammenhang auch andersherum sein könnte und Depressionen bei Männern deren Beteiligung bei der Säuglingspflege reduziert. Der Beitrag wurde in der Fachzeitschrift Frontiers in Psychology veröffentlicht. 1

Noch kaum untersuchtes Gebiet

Während postpartale Depressionen bei Müttern intensiv erforscht wurden, sind depressive Symptome bei frisch gebackenen Vätern bisher kaum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Das ist nicht verwunderlich, da diese Art der Depression Frauen deutlich häufiger betrifft. Allerdings bedeutet das nicht, dass Männer nicht betroffen wären. „Väter sind wichtige Mitglieder der Familieneinheit, und ihre physische und psychische Gesundheit verdient ebenso viel Aufmerksamkeit wie der Gesundheitszustand der Mütter“, so Forschungsleiter Olajide N. Bamishigbin Jr.

Im Allgemeinen denke ich, dass Väter in der Familie wichtig sind. In unserem Fachgebiet wurden sie jedoch in der Vergangenheit nur unzureichend untersucht, insbesondere Väter, die einer rassischen oder ethnischen Minderheit angehören.

Olajide N. Bamishigbin Jr, Assistenzprofessor für Psychologie an der California State University, Long Beach

Im Rahmen einer klinischen Studie untersuchte der Forscher der Colifornia State University in Long Beach, welche Auswirkung die Beteiligung des Vaters an der Betreuung des Kleinkindes auf dessen psychische Gesundheit hat. Obwohl es zu dieser Frage bisher wenig Daten gibt, war Bamishigbin nicht der Erste, der sich der Frage widmet. Allerdings sind ältere Untersuchungen reine Querschnittstudien. Dabei wird zu einem bestimmten Zeitpunkt sowohl die Beteiligung des Vaters als auch dessen psychisches Befinden abgefragt. Bamishigbin führte dagegen eine Längsschnittstudie durch, bei der die Väter zu verschiedenen Zeitpunkten untersucht wurden. Ziel war es unter anderem, den Zusammenhang zwischen der Zeit, die der Vater mit dem Säugling verbringt und späteren depressiven Symptomen zu ergründen.

881 Väter wurden untersucht

Die Studie umfasst 881 einkommensschwache Väter aus den USA, wobei bewusst verschiedene Ethnien einbezogen wurden. Sie wurden einen, sechs und zwölf Monate nach der Geburt des Kindes befragt. Erhoben wurden dabei die Selbstwirksamkeit bei Erziehungsaufgaben, die materielle Unterstützung für das neue Kind leisteten, die (geschätzte) Anzahl der wachen Stunden, die sie mit ihrem Baby verbringen, sowie die Zeit, die sie durchschnittlich allein mit ihrem Baby verbringen. Selbstwirksamkeit beschreibt dabei die Überzeugung, auch schwierige Aufgaben aus eigener Kraft bewältigen zu können. Außerdem füllten sie einen standardisierten Fragebogen zu postpartaler Depression aus, die Edinburgh Postpartum Depression Scale.

Bedeutung der Väter: Beispielbild Vater und Sohn
Väter sind wichtiger, als man lange Zeit gedacht hatte. Auch für die psychische Gesundheit. Bild von ambermb auf Pixabay.

Die Ergebnisse waren eindeutig. Väter, die über eine größere elterliche Selbstwirksamkeit berichteten, mehr Zeit mit dem Säugling verbringen und dem Kind einen Monat nach der Geburt mehr materielle Unterstützung zukommen lassen, weißen im ersten Lebensjahr des Babys weniger depressive Symptome auf. Dabei berücksichtigten Bamishigbin und sein Team Unterschiede wie Alter, ethnischer Zugehörigkeit, Bildung oder Familienstand, um zu verhindern, dass beobachtete Messungen tatsächlich nicht auf die Beteiligung der Väter an der Kindessorge, sondern auf solche demografischen Faktoren zurückzuführen sind. Der Effekt blieb allerdings auch bei Kontrolle dieser Variablen bestehen.

Allerdings zeigte sich dabei auch, dass traditionelle Vorstellungen über die Rolle von Vätern noch stark sind. So leiteten viele ihr Selbstbewusstsein aus ihrer Versorgerrolle ab. Wer wenig Geld für das Kind aufbringen konnte, hatte deutlich weniger Selbstbewusstsein. Das ist wenig erstaunlich, so können Männer nicht stillen. Die Rolle als finanzieller Versorger bietet ihnen dagegen einen eigenen Bereich, in dem sie mehr als eine unvollständige Nummer 2 sind.

Kein Beweis, aber ein Hinweis

Die Ergebnisse sind kein Beweis für die These, dass mehr Beteiligung und vor allem mehr Selbstwirksamkeit von Vätern ihre Neigung zu einer Depression verringert, betont Olajide Bamishigbin. Genauso gut kann eine beginnende Depression eine geringere Beteiligung an der Kindespflege zur Folge haben. Es ist allerdings ein Indiz, denn der Zusammenhang ist durchaus plausibel und er passt zu den Daten. Beweise gibt es in den Wissenschaften nach gängiger Meinung ohnehin nicht. Jedes Wissen ist nach Karl Popper nur bis zu seiner Widerlegung potenziell wahr.

Das Team fordert daher, die Selbstwirksamkeit von Vätern zu fördern, insbesondere von solchen, die zum ersten Mal Eltern werden. Dazu sollen bestehende Programme ausgebaut werden. Dabei gilt es nach Meinung von Olajide Bamishigbin, die Angebote auch auf Männer mit niedrigem sozioökonomischen Status sowie für verschiedene Ethnien und Kulturkreise ansprechend zu gestalten.

Ich denke, es gibt zwei wichtige Schlussfolgerungen. Erstens ist die Beschäftigung mit dem Kind nicht nur besser für das Kind, sondern auch besser für den Vater. Also, Väter, beschäftigt euch früh und oft mit euren Kindern! Zweitens denke ich, dass es für alle wichtig ist zu verstehen, dass väterliche Depression ein ernstes Problem ist, das Aufmerksamkeit erfordert.

Olajide N. Bamishigbin Jr, Assistenzprofessor für Psychologie an der California State University, Long Beach

So könne eine Möglichkeit zur Linderung von Väterdepressionen in einem bezahlten Vaterschaftsurlaub bestehen, wie es ihn in Deutschland bereits in Form der Elternzeit gibt. Dass die volle Bezugsdauer beim Elterngeld in Deutschland bei Paaren daran geknüpft ist, dass der Vater mindestens zwei Monate in Anspruch nimmt, mag frauenpolitisch begründet gewesen sein, zahlt sich dieser Studie zufolge auch für die Männer aus (was nebenbei bemerkt auch meine persönliche Überzeugung ist).

Künftige Forschung soll nach Überzeugung von Olajide Bamishigbin den Einfluss einer solchen bezahlten Vaterschaftszeit auf die Depression bei Vätern untersuchen. Dass die Väter auch für die Gesundheit der Kinder von Bedeutung sind, haben wir ja bereits an anderer Stelle berichtet (Beitrag: Bedeutung der Väter für ihre Kinder wird unterschätzt!).

  1. Olajide N. Bamishigbin Jr, Dawn K. Wilson, Demetrius A. Abshire, Cilia Mejia-Lancheros, Christine Dunkel-Schetter: Father Involvement in Infant Parenting in an Ethnically Diverse Community Sample: Predicting Paternal Depressive Symptoms, Long Beach 2020

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert