
Männer häufiger arbeitslos
Männer sind deutlich häufiger als Frauen. Das hat Folgen für die psychische Gesundheit von Männern. Denn Erwerbslosigkeit ist ein Stressfaktor.
So oft sind Männer häufiger arbeitslos
Im November 2022 rund 2,43 Millionen Menschen arbeitslos. Davon waren 53,4 Prozent Männer. Ihre Arbeitslosenquote liegt mit 5,2 Prozent deutlich über derjenigen der Frauen von 4,9 Prozent. Das ist keineswegs ein Saisoneffekt aufgrund der Winterarbeitslosigkeit im Baugewerbe, auch im Jahresschnitt 2022 lag die Arbeitslosenquote der Männer mit 5,4 Prozent 0,3 Prozentpunkte höher als die der Frauen. Auch, weil einer europäischen Studie zufolge Frauen bei gleicher Qualifikation deutlich eher eingestellt werden als Männer. In Ostdeutschland verdienen Frauen sogar mehr als Männer (arbeitsagentur.de)

Berücksichtigt werden muss bei der Gesamtzahl der Arbeitslosen aber auch, dass viele Frauen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, weil sie aktuell in Elternzeit sind und daher nicht arbeiten. Das tun zwar auch immer mehr Männer, die Mehrheit dieser Menschen sind aber Frauen. Diese können aber nicht arbeitslos werden. Bei der Berechnung der Arbeitslosenquote wird das zumindest teilweise berücksichtigt, denn die sogenannten „Nichterwerbspersonen“ wie Studierende oder Eltern in Elternzeit bleiben außen vor. Bleibt eine Frau allerdings in Elternzeit, weil sie keinen Job findet und sie kein Arbeitslosengeld bekommen würde („Stille Reserve“), wird sie von der Statistik nicht erfasst. Daher dürfte der tatsächliche Geschlechterunterschied etwas kleiner ausfallen.
Besonders junge Männer betroffen
Allerdings scheint der Effekt nicht besonders stark – oder er wird von einem anderen Effekt überlagert. Denn besonders hoch ist der Geschlechterunterschied bei den jungen Menschen. 58 Prozent der Arbeitslosen unter 25-Jährigen sind Männer, bei den über 55-Jährigen sind es immerhin 55 Prozent, lediglich in der mittleren Altersgruppe ist das Verhältnis mit 48:52 fast ausgeglichen. Dass Männer hier nur geringfügig öfter arbeitslos sind, könnte damit zusammenhängen, dass viele Frauen nach langjähriger Elternzeit nur schwer in die Arbeitswelt zurückkehren, auch wenn – wie oben erwähnt – sich nicht alle aus dieser Gruppe auch arbeitslos melden.
Hinzu dürfte ein Einstellungswandel in den Personalabteilungen kommen. Die bevorzugte Einstellung von Frauen ist in diesem Ausmaß ein junges Phänomen, daher betrifft sie vor allem auch diejenigen, die gerade auf Jobsuche sind. Außerdem finden sich in dieser Gruppe viele Alleinerziehende. Bei den arbeitslosen Alleinerziehenden liegt der Männeranteil bei nur 8 Prozent.
Die psychischen Folgen von Arbeitslosigkeit
Arbeitslosigkeit hat Folgen für die Psyche. Und hier sind Männer besonders betroffen.
Warum Männer (vermutlich) stärker leiden
Leider fehlen mir genaue Daten zum Thema psychische Folgen von Arbeitslosigkeit nach Geschlecht, doch die praktische Erfahrung spricht dafür, dass Männer stärker betroffen sind. Zum einen, weil sie wie erwähnt häufiger arbeitslos sind. Dass das teilweise auch daran liegt, dass Frauen häufiger in Elternzeit sind, verringert den Unterschied nur zum Teil. Denn ob man die Elternzeit verlängert, weil es gerade keinen passenden Jobs gibt oder man arbeitslos ist, macht einen Unterschied für das Selbstbild.
Hinzu kommt, dass Männer sich nach wie vor stärker über das Einkommen definieren – und definiert werden. Ausgesprochen oder unausgesprochen gelten die Männer in vielen Paaren als in erster Linie für die finanzielle Absicherung verantwortlich. Der Marburger Soziologe Martin Schröder hat in seinem Buch „Wann sind wir wirklich zufrieden“ festgestellt, dass die Zufriedenheit von Männern immer noch stark davon abhängt, ob sie ihre Rolle als Ernährer erfüllen. Und nicht nur, weil sie das selbst wollen, sondern auch, weil ihre Partnerinnen das oft noch erwarten (was nicht bedeutet, dass sich das nicht ändern kann und sollte).1
Psychosoziale Folgen
Allerdings sollte man die Geschlechterunterschiede auch nicht überbetonen. Ob Mann oder Frau, Arbeitslosigkeit ist eine psychische Belastung, nicht nur wegen des fehlenden Einkommens. Es ist auch und vor allem das Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden. Arbeitslose laden daher häufiger an
- Depressionen,
- psychosomatischen Beschwerden wie Rückenschmerzen,
- eine höhere Wahrscheinlichkeit für Herzinfarkte und Schlaganfälle,
- vermehrter Konsum von Rausch- und Suchtmitteln wie Alkohol,
- Interessenverlust,
- vor allem bei Männern eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine Scheidung.
Schon die wegweisende Studie „Die Arbeitslosen von Marienthal“ hatte in den 1930-Jahren festgestellt, dass Menschen nach dem Verlust ihrer Arbeit weniger Sport machen, weniger Bücher lesen (die Ausleihzahlen in der Bibliothek von Marienthal gingen deutlich zurück) und langsamer gehen. Letzteres betraf vor allem die Männer, da diese ihre Hauptaufgabe verloren hatten.
Was tun bei psychischer Belastung wegen Arbeitslosigkeit?
Der erste Schritt ist natürlich der Versuch, die Arbeitslosigkeit zu beenden. Aber dafür sind Sie vermutlich selbst schon gekommen. Dann gilt, die Arbeitslosigkeit mit der Partnerin oder dem Partner gemeinsam durchzustehen. Dazu gehört zuerst Kommunikation. Gute Freunde helfen in so einer Situation weiter, aber natürlich auch die Partnerin oder der Partner. Wie offen in einer Partnerschaft über Ängste und Sorgen gesprochen werden kann, ist verschieden. Wichtig ist deutlich zu machen, dass der Wille besteht, die Situation noch zu ändern.
Grundsätzlich gibt es zwei unterschiedliche Herausforderungen, nämlich
- den Einkommensverlust kompensieren und
- weiterhin eine Aufgabe im Leben zu haben.
Einkommens- und Sinnverlust kompensieren
Wie erwähnt, ist in vielen Paaren die Rollenverteilung noch sehr traditionell. Das muss aber nicht unbedingt so bleiben. Möglicherweise kann die Arbeitslosigkeit auch eine Chance sein, hier etwas zu ändern. Wenn der Mann nur noch einen Teilzeitjob findet, statt einer Vollzeit stelle, kann die Ehefrau wieder in den Beruf einsteigen oder ihre Arbeitszeit ausweiten.
Wer die Jobsuche aufgibt, weil er ohnehin kurz vor dem Ruhestand steht und kaum noch Chancen auf einen Job sieht, sollte das mit der Partnerin oder dem Partner vorher besprechen.
Eine Aufgabe haben
Auf jeden Fall ist es wichtig, aktiv zu bleiben. Bei der bereits zitierten Studie „Die Arbeitslosen von Marienthal“ kamen Menschen gut durch die Krise, die einen Garten besaßen. Nicht so sehr, weil sie dort angebauten Nahrungsmittel die materielle Situation verbesserten, sondern vor allem, weil sie weiterhin eine Beschäftigung hatten. Natürlich muss es kein Garten sein, auch ein Ehrenamt kann die Lücke füllen. Das hilft zwar nicht, den Einkommensverlust auszugleichen, wohl aber den Sinnverlust zu reduzieren.
Fazit
Gerade für Männer ist Arbeitslosigkeit also ein starker Einschnitt – und sie sind davon auch stärker betroffen. Die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle ist meistens die erste und oft auch die beste Option. Doch das alleine reicht nicht immer. Gute Gespräche mit Freunden oder der Partnerin helfen, mit der Situation umzugehen. Auch eine neue Rollenverteilung im Haushalt sollte überlegt werden. Neue Aufgaben lindern zwar nicht die materiellen Folgen von Arbeitslosigkeit, reduzieren aber den Sinnverlust.