
Alkohol und Männergesundheit
In keinem anderen US-Bundesstaat ist der Unterschied in der Lebenserwartung zwischen Männern und Frauen so niedrig, wie in Utah. Und mehr als 50 Prozent der Bevölkerung des Staates sind Mormonen, die keinen Alkohol trinken dürfen. Ist das ein Zufall?
Eher nicht, auch wenn sich nicht alle Mormonen an diese Regel halten. Aber der Zusammenhang zeigt sich auch in anderen Staaten. In Russland, wo der Alkoholkonsum traditionell hoch ist, liegt die Lebenserwartung von Männern bei nur 67 Jahren, das sind elf Jahre (!) weniger als bei den Frauen. Der hohe Alkoholkonsum ist nicht der einzige Grund für den großen Unterschied, aber ein wichtiger. Denn Alkohol ist gesundheitsschädlich und vor allem Männer konsumieren zu viel davon. Auch, weil Depressionen bei ihnen oft unerkannt und unbehandelt bleiben.
Zu hoher Alkoholkonsum führt nicht nur zu vermeidbaren Unfällen, sondern erhöht auch das Risiko von Krebserkrankungen deutlich. Auch Herz- und Kreislauferkrankungen sowie Diabetes können die Folge sein. Außerdem enthält Alkohol viele Kalorien, denn er ist nichts anderes als vergorener Zucker. Hoher Alkoholkonsum ist deshalb ein wichtiger Grund für Übergewicht, nicht umsonst spricht man vom Bierbauch.#
Ab wann ist Alkohol gefährlich
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht mittlerweile davon aus, dass Alkohol in jedem Fall schlecht für die Gesundheit ist. Studien, die eine gesundheitsfördernde Wirkung geringer Mengen belegen sollen, sind umstritten. Beim Rotwein könnten Bestandteile der Trauben für den Effekt verantwortlich sein. Gesünder wäre es also, Trauben zu essen.

Allerdings hält die WHO den Konsum geringer Mengen für risikoarm. Gering bedeutet für Männer maximal ein Glas Bier (0,5 Liter) oder Wein (0,25). Manchmal liest man auch zwei Gläser Bier, das bezieht sich aber auf kleinere Gebindegrößen, wie sie beispielsweise im Norden üblich sind. Außerdem sollte an mindestens zwei Tagen in der Woche gar nicht getrunken werden.
Ob die Empfehlung wirklich der Weisheit letzter Schluss ist, bleibt abzuwarten. Stutzig macht mich, dass für Frauen nur die Hälfte empfohlen wird. Auch wenn Männer Alkohol schneller abbauen, scheint mir der Unterschied doch sehr groß. Womöglich haben tradierte Geschlechterklischees die Empfehlung mit beeinflusst. Das werden weitere Untersuchungen zeigen müssen.
Darum ist Alkohol so gefährlich
Alkohol ist ein Zellgift und schädigt den Körper auf verschiedene Arten. Schon bei der Aufnahme werden die Schleimhäute in Mund, Speiseröhre und Magen angegriffen. Krebserkrankungen können die Folge sein, unter anderem der extrem tödliche Bauspeicheldrüsenkrebs.
Vor allem bei langem und hohem Konsum sind Leberschäden außerdem häufig. Schädlich ist nicht nur der Alkohol selbst, sondern auch Acetaldehyd, ein Abbauprodukt, das in der Leber entstehen. Auch die berüchtigte Fettleber hat ihre Ursache oft in übermäßigem Alkoholkonsum.
Auf das Gehirn wirkt Alkohol ebenfalls. Jeder, der schon mal Alkohol konsumiert hat, kennt den kurzfristigen Effekt. Aber auch langfristig können Schäden bleiben. Beim Korsakow-Syndrom ist ein dauerhafter Gedächtnisverlust die Folge.
Ein großer Teil der Krebserkrankungen könnte durch verantwortungsvollen Alkoholkonsum vermieden werden. Was nicht bedeutet, dass jede Krebserkrankung automatisch auf Alkohol- oder Tabakkonsum zurückzuführen wäre. Neben weiteren Umweltfaktoren, etwa Staubbelastung am Arbeitsplatz, kann auch die persönliche Veranlagung oder einfach der Zufall die Ursache sein. Es wäre ziemlich ungerecht, jedem Krebskranken einen liederlichen Lebenswandel zu unterstellen.
Wie viele Männer sterben am Alkohol?
Rund 6,7 Millionen Menschen der 18- bis 64-jährigen Bevölkerung in Deutschland trinken nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums zu viel Alkohol, rund 1,6 Millionen Menschen davon gelten sogar als abhängig. Bei rund 51 Millionen Menschen in dieser Altersgruppe entspricht das etwa 13 Prozent.
Nicht alle sterben auch zwangsläufig am Alkohol, aber laut einer Studie des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung in Potsdam erhöhte sich bei einem Konsum oberhalb der WHO-Empfehlung das Risiko, an einer koronaren Herzerkrankung, Krebs oder einer anderen Erkrankung zu sterben, um das 1,2- bis 1,8-fache.

Der Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2018 zeigt, dass vor allem Männer zu viel trinken. Lediglich in Hamburg konsumieren mehr Frauen Alkohol in riskantem Maß, obwohl der Bericht für Frauen nur eine halb so hohe Grenze ansetzt. Besonders groß sind die Unterschiede in den Neuen Bundesländern, in Thüringen und Brandenburg liegt der Anteil bei den Männern rund doppelt so hoch. Nur in Hamburg trinken die Frauen häufiger zu viel.
Warum trinken vor allem Männer zu viel?
Vor allem Männer trinken zu viel Alkohol. Dafür gibt es ein ganzes Bündel an Gründen. Nichts oder wenig zu trinken kann in vielen Kreisen für Männer einen Ansehensverlust bedeuten. Bei Frauen wirken die Rollenbilder eher in die umgekehrte Richtung, wer schlank bleiben will, darf nicht zu viel trinken. Dass Rollenbilder offenbar eine Rolle spielen, zeigt auch die Verteilung nach Bundesländern.
Ein Grund für den hohen Geschlechterunterschied in den Neuen Bundesländern dürften aber auch die sozialen Probleme dort sein. Arbeitslosigkeit wird von Männern als schlimmer erlebt, weil ihr Ansehen stark von ihrer Rolle als Ernährer abhängt. Außerdem ist Alkohol für Männer oft eine Form der Selbsttherapie. Hier wäre mehr und passendere Therapieangebote für Männer wichtig.
Hinzu kommt, dass Männer Alkohol besser vertragen. Das hört sich zunächst positiv an, wer aber weniger Auswirkungen des Alkohols spürt, trinkt auch mehr.
Ich trinke zu viel – Was tun?
Bei Alkoholismus kann nur eine Therapie helfen. Sie geht meistens mit einem vollständigen Entzug einher. Wer aber nur etwas zu viel trinkt, der kann sich auch anders helfen. Einfach und wirksam ist ein Alkoholtagebuch. Dort wird der tägliche Konsum eingetragen und es wird kontrolliert, ob im Schnitt nicht mehr als 0,5 bis 0,6 Liter Bier getrunken wurde. Andere Getränke wie Wein oder Schnaps lassen sich anhand des Alkoholgehaltes umrechnen. Wer beispielsweise 0,1 Liter Likör trinkt, der den vierfachen Alkoholgehalt von Bier hat, der trägt 0,4 Liter ein. Natürlich kann auch Wein die Basiseinheit sein, wenn vor allem Wein getrunken wird.
Die Alternative ist eine klare Beschränkung auf eine bestimmte Zahl von Alkoholtagen mit festgelegter Alkoholmenge. Beispielsweise wird dann an maximal drei Tagen Alkohol getrunken und dann jeweils nicht mehr als ein Bier. Damit bleibt man sogar deutlich unter der Empfehlung der WHO. Wer nach dem ersten Bier noch Lust auf mehr hat, kann zu alkoholfreiem Bier greifen. Dessen geschmackliche Qualität hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Aber auch Softdrinks sind nicht tabu. Wer Angst vor den Kalorien in Limo, Cola oder Spezi hat, der sei an die hohe Kalorienzahl von Bier und Wein erinnert.
Fazit
Auf dem Weg zur Schließung der Gender Life Expactancy Gap ist ein maßvoller Alkoholkonsum ein wichtiger Baustein. Mehr als 0,5 bis 0,6 Liter Bier oder 0,25 Liter Wein pro Tag sollten Männer nicht trinken, zwei Tage sollten alkoholfrei bleiben. Noch besser ist natürlich der komplette Verzicht auf Alkohol. Hier gilt es aber, den Verlust an Lebensqualität, den das für viele bedeuten würde, gegen den dann nur noch geringen gesundheitlichen Nutzen abzuwägen. Das Einhalten der 0,5-Liter-Grenze sollte dagegen auf jeden Fall angestrebt werden.
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